October 07, 2009

Home is where the heart is

Ein Monat ist nun seit meiner Abreise vergangen - aber keine Angst, es folgt jetzt kein melancholisch-poetisches Resumé, sondern lediglich eine kleine


Ode an Melbourne


Kulturelle Vielfalt, die bestgekleidetsten Menschen, die ich bisher gesehen habe (und zwar völlig unabhängig von Alter und Geschlecht), Offenheit und Herzlichkeit, wohin man auch geht, das Verschmelzen vom Mainstream mit totaler Individualität - so habe ich diese Stadt in den letzten 4 Wochen kennen gelernt.

Ich durfte ausserdem bereits Zeuge einiger grossartiger Momente sein, die ich wohl mein Leben lang nicht vergessen werde.

So wurde ich vergangene Woche in einen mehr oder minder brenzlichen Zwischenfall verwickelt.

Melbourne Central Train Station. Ein verwahrlost erscheinender, schätzungsweise 30-jähriger Mann läuft ziellos und gefährlich nah an den Gleisen in der Train Station umher. Ich hatte gerade meine wöchentlichen Fruit-and-Veggie-Einkäufe am Queen Victoria Market erledigt und wartete voll bepackt auf den Zug. Man kann sich vorstellen, dass mir beim Anblick besagten Herrns etwas mulmig zumute war. Kleines Mädchen, allein in einer fremden Stadt, ...

Ich kann nicht sagen warum, aber er muss meine Unsicherheit irgendwie gespürt haben. Jedenfalls steuerte er, irgendetwas murmelnd, geradewegs auf mich zu.

Nun stand ich da, hilflos und erschrocken wie am ersten Schultag und wusste nicht, ob ich mit ihm reden oder strikt weglaufen soll. Letzteres wäre aufgrund der enormen Menge an rotem Gemüse und einer halben Wassermelone im Handgepäck nicht möglich gewesen, also versuchte ich in der Aufregung, ein selbstbewusst wirkendes "Pardon?" über die Lippen zu bringen. "Hwhwhw" ist alles, was ich als Antwort bekam. Hilfe!
Dann aber - die Rettung. For Christ's sake. Finally!! Eine Gruppe Studenten lenkte seine Aufmerksamkeit geschickt auf sich. Die Burschen schüttelten ihm, einer nach dem andren, die Hand, fragten ihn, wie es ihm geht (How ya doin, mate?) und stellten sich schützend vor mich.
"The next train to Sandringham, stopping all stations, is now arriving" - welch Erleichterung.

Wie sich herausstellte, hatte nicht nur ich den Zug sehnlichst erwartet, sondern auch mein furchteinflössendes Gegenüber. Nur...aus verschiedenen Gründen. Wortlos kehrte er meinen "Beschützern" den Rücken zu und rannte auf die Gleise zu. Geistesgegenwärtig, wie die Melbourner Studentin eben sind :), packte einer von ihnen den potenziellen Suizidkandidaten an der Kapuze und fragte ihn nochmals: "Hey, how ya doin?".
Die Art, wie sich diese Mitzwanziger mit einer Person, die offensichtlich am Rand der Gesellschaft steht (darf man das sagen?), beschäftigten, fasziniert mich noch heute. Keine Berührungsangst, keine Abscheu, kein Ekel und vor allem kein Verurteilen. Die Burschen ließen nicht locker, bis sie sich vergewissert hatten, dass er sich beruhigt hat und begleiteten ihn letztendlich aus der Station hinaus.

Ich möchte nur zu gern wissen, wie diese Situation daheim ausgesehen hätte. Im Kopf schweben mir jedenfalls Sätze wie "He du Trottl, wos duastn", oder "Der is deppat" herum. Und nicht, dass ich hier jemanden verurteilen will, ich hätt ja selber, wie man gesehen hat, nicht anders oder besser reagiert.
Aber mal abgesehen von der Offenheit und Menschlichkeit, den exorbitanten Partys und zahlreichen Konzerten, den Vintage-Fashion-Stores, Second-Hand Cd-Läden, den Indie-Jungs und Indie-Mädchen und den tollen Gratis-Konzertplanern hat diese Stadt auch noch einige architektonische Schönheiten auf Lager.
Um euch selbst ein Bild machen zu können, gibts jetzt ein paar Touristenbilder der Innenstadt. Have a look!




v.o.n.u.: St. Paul's Cathedral; Financial Business District Flinders Range; Flinders Street Station; Skyline vom Freeway aus; Eureka-Tower (zweithöchstes Gebäude Australiens (fast 300 m), schnellster Lift (88 Stockwerke in 40 sec.))