November 22, 2009

Pearl Jam live at Etihad - a review

Müde wirkten die Herren von Pearl Jam am Freitag, den 20. November im Etihad Stadium trotz eines Durchschnittsalters von geschätzten 45 noch immer nicht, von "I'm still alive" spürte man leider trotzdem nicht viel.

Gates open at 5pm.
Wo der Durchschnittsmensch gerade zu arbeiten aufhört, startet mitten im Stadtzentrum, gleich hinter dem größten Bahnhof der Hauptstadt, eine Bewegung. Schwaden von langhaarigen Männern in ihren Endzwanzigern, die so gar nicht in das Melbournian "Hip-Schema" passen, pilgern in einer einzigen Menschentraube Richtung Etihad Stadium. Mädchen tummeln sich um die Merchandise-Stände. Wo man auch hin sieht, wimmelt es von Security-Leuten.
Spätestens an diesem Punkt wird mir klar, das hier wird weit größer, als angenommen.
Nach 20 Minuten Anstellen und 5 Sicherheitskontrollen, durch die ich nach einigen längeren Diskussionen meine Kamera und sogar mein 5-Dollar Hungry Jack's Menü schmuggeln konnte, durfte ich ein Gebäude von einer Dimension betreten, die mich daran zweifeln ließ, dass es sich jemals mit Konzertgästen füllen könnte.

Liam Finn, der bereits auf Eddie Vedders Solo-Tour Opening-Act war, eröfffnete mit Gesangskollegin
erfolgreich den Abend. Etwas crazy, jedoch mit einem extrem hohen Unterhaltungswert führte der Multiinstrumentalist durch ein spannendes Repertoire an Songs.


Als nächster gab sich Ben Harper samt Band die Ehre und lieferte ein fantastisches Konzert ab. Binnen Minuten verwandelte sich die Halle in eine Art Meditationsraum und das lärmende Publikum wurde in eine Art Trance versetzt, die ich seit 'Radiohead' nicht mehr gesehen habe. Ben Harper an der Gitarre, ob sitzend oder stehend, zog die Meute an Konzertgästen unverzüglich in seinen Bann. Die Hitze stand im Raum, doch jeder schien, sich im heißen Atem und Schweiß unglaublich wohl zu fühlen. Sogar der Meister selbst, Eddie Vedder, enterte die Bühne für ein Stelldichein mit Herrn Harper und coverte mit ihm das Bowie/Queen-Duett "Under Pressure". Diesen Moment darf ich hier mit gutem Gewissen und trotz kitschiger Ausdrucksweise als magisch bezeichnen.
Mit minutenlang anhaltendem Applaus wurde der Kalifornier verabschiedet und mit ihm ging leider auch ein wenig von der Athmosphäre verloren.






Fast eine Stunde ließen sich die Headliner für den Soundcheck Zeit, obwohl schon nach 20 Minuten kein Geschehen mehr auf der Bühne wahrgenommen werden konnte.
Mit lautstarken Rufen und sich auf den Teppichboden setzende Menschenmassen signalisierten die mittlerweile etwas gelangweilten Melbournianer, dass es langsam an der Zeit wäre, den Gig zu beginnen.

Schließlich gingen nach über 50 Minuten die Lichter aus und die Videowalls zeigten leicht verzögerte schwarz-weiss Bilder der Bühne. Im selben Moment verwandelte sich das etwas genervte Publikum in ein Meer aus erwartungsvollen, glänzenden Augenpaaren, alle den Hals gestreckt, um einen Blick auf die Bühne erhaschen zu kommen, um auch im rechten Moment mit dem Begrüßungs-Applaus zu beginnen.

Als recht unspektakulär stellte sich die Eröffnung der Show heraus. Freundlich winkend betraten die Musiker die Bühne, ein "Good Evening Melbourne" von Vedder hallte durch das Stadium, bevor auch schon mit "Elderly woman behind the counter in a small town" begonnen wurde.

Eine Professionalität auf der Bühne, wie ich sie selten gesehen habe, ist Pearl Jam, neben der stets großartigen Kommunikation mit dem Publikum hoch anzurechnen. Ob man jedoch während eines Rockkonzertes vom Sänger alle 20 Minuten daran erinnert werden möchte, auch ausreichend zu trinken, um nicht zu dehydrieren, ist die andere Frage. Rockkonzert, nicht Gesundenuntersuchung. Naja.

Obwohl die fast 45.000 Konzertgäste es sich auch nach 2 Stunden nicht nehmen ließen, lautstark mitzusingen, konnte man merken, wie die Stimmung stetig nachließ und selbst die aktuelle Pearl Jam-Single "The Fixer" konnte zu meiner großen Überraschung (da ja doch sehr eingängig) nicht viel retten.

Spätestens als Vedder einen berühmten australischen Sportler, dem er zuvor einen Song gewidmet hatte, beim falschen Namen nannte (was jedem sportverrückten Australier einen Stich ins Herz versetzt) war die Athmosphäre Meilen vom Ben Harper-Gig 2 Stunden zuvor entfernt.

Viele verließen bereits vor der ersten Zugabe das Stadium, was sie leider 2 großartige Duette mit Ben Harper verpassen ließ. Die etwas langweilende Routine, mit der die Band, die nebenbei erwähnt nächstes Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiert, ans Werk ging, machte es aber selbst mir schwer, bis zum Schluss durchzuhalten.

Mit "Alive" als drittletztem Song, und zugleich der Titel, auf den die Leute letztendlich noch gewartet hatten, erfüllten Pearl Jam dann auch noch den letzten Wunsch des Publikums souverän.

An diesem Punkt auch nur im geringsten von einem schlechten Konzert zu sprechen, wäre schlicht aus der Luft gegriffen. Das die eine oder andere Erwartung aber nicht erfüllt wurde und Ben Harper als Opener den Haupact klar überstrahlt hat, lässt jedoch einen etwas bitteren Nachgeschmack.
Pearl Jam mögen das beste Album seit Jahren veröffentlicht haben, live konnten sie diese neu gefundene Jugend und Energie jedoch nicht hundertprozentig übermitteln. Sehenswert - ja. Nicht hinzugehen würde ich trotzdem nicht als Sünde betrachten.