September 13, 2009

The first week - a résumé

Nach einer Woche Aufregung, totaler Umstellung, Jetlag und dem getting-used-to der gruseligen Tatsache, dass hier keine Spatzen, sondern Papageie durch die Luft gleiten, sitze ich hier in Melbourne und ziehe Bilanz.

Von asozialen Hausbesitzern und witzigen neuen Mitbewohner

Aufgrund eines Missverständnisse, wenn man es so nennen will, musste ich am Dienstag aus dem Inkerman-Haus ausziehen.
Dazu muss ich jedoch vorher kurz über den Hausbesitzer berichten.
Er ist wahrscheinlich Mitte dreißig, asozial und äußerst unfreundlich. Außerdem kommt er aus dem fernen Osten. Ich denke, er ist ein ernsthafter Verfechter seiner Kultur - das merkt man allein schon an seiner Wertschätzung von Frauen (er hat ein Mädchen aus dem Haus geworfen, weil es nicht hübsch genug war).
Meistens sitzt er vor dem Computer oder raucht Weed - Freunde hat er keine. Ich weiß das alles, weil er leider sein eigenes Haus auch vermietet und ich genau da gelandet bin. Ich habe ihn auch schon des öfteren dabei beobachten dürfen, als er grundlos ausgeflippt und jemanden aus dem Haus geworfen hat. Naja, ...
Jedenfalls .... der Grund, wieso ich ausziehen musste, war, dass der Hausbesitzer $ 30,- Miete mehr pro Woche verschwiegen hat. Er war ziemlich aufgebracht, als ich ihn darauf hingewiesen habe, dass ich nicht 30 % mehr Miete zahlen werde und wollte partout nicht einsehen, dass er es war, der mich falsch informiert hatte. Anstatt sich seinen Fehler einzugestehen und gemeinsam mit mir nach einer Lösung zu suchen, fragte er mich, ob ich ernsthaft glaube, irgendwo sonst in St. Kilda ein günstigeres Haus finden zu können. Er bot mir auch an, einfach ins Hotel zu ziehen, um zu sehen, was im Endeffekt wirklich günstiger ist. Dieser Depp.

Das ist also der Grund, wieso ich jetzt in einem anderen Haus lebe. Etwas abgeschieden und definitiv nicht so verrückt wie das Inkerman, aber dafür voll mit netten Leuten.

Wahrscheinlich werde ich hier bleiben - denn so verlockend das Party-Haus Inkerman auch ist, so langweilig sind die Leute dort, wenn sie nüchtern sind. Traurig, aber wahr.

Mein absoluter Favorit hier in diesem neuen Haus ist ein Sportstudent aus Hannover. Und wenn man Sportstudent hört, hat man normalerweise das Bild eines etwas dümmlichen, Party-geilen, großen Typen vor Augen. Als Österreicher ist man da noch vorbelasteter - man hat einen etwas dümmlichen, Party-geilen, großen, deutschen Typen vor Augen.
Auch wenn er absolut liebenswert ist - aber mein Mitbewohner bedient dieses Klischee vollkommen, nein, er ist wohl der Inbegriff dieses Stereotyps, immerhin hat er auch noch einen Freund namens Knut. Hahahahaha.
Meist läuft er in Jogginganzug und Flip-Flops herum, unter denen er mit einer fast schon charmant-lustigen Selbstverständlichkeit weiße Sportsocken trägt.
Er verweigert es zudem, Deutsch mit mir zu sprechen, weil er sein Englisch verbessern will.
Es scheint leider manchmal so, als habe er in der Schule nicht wirklich gut aufgepasst, denn seine Aussprache des gemeinen "th" erinnert mich unweigerlich an Leute aus dem 1960er Jahrgang (we went to se museum, se weaser is fine, my faser always tells me to...) und das befördert mich unweigerlich binnen Sekundenbruchteilen in die Sphären des Lachkrampfes.
Ihm fällt es auch recht schwer, das richtige Vokabel zu finden. So entstanden bisher ganz lustige Missverständnisse. Gerade gestern wollte er meinem kanadischen Mitbewohner erklären, dass in Deutschland die Jugendlichen ihre Kapperl nicht gescheit aufsetzen - "In Germany, the jews (Juden) wear their caps weird". Hihi.

Die nächste außergewöhnliche Persönlichkeit hier im Haus ist ein sympathisches Liverpool-Chick. Sie wiegt wahrscheinlich 100 kg und hat diese Woche bereits das 3. Mal mit dem Rauchen aufgehört. Außerdem startet sie jeden zweiten Tag eine Salat-Radikal-Diät. Ihr Charakter passt perfekt zu ihrem Body-Mass-Index. Er ist beächtlich und nicht zu übersehen. Alle zwei Wochen tritt sie in einem Club in St. Kilda als Stand-Up-Actress auf, um ihr schauspielerisches Talent zu präsentieren. Dazu braucht sie meiner Meinung nach jedoch keine Bühne, denn das Leben bietet ihr so viele Möglichkeiten, sich dementsprechend zu entfalten. Sitzt sie zum Beispiel vor dem PC und liest E-Mails, so singt sie darüber, wie schön es ist , News von zu Hause zu hören. Redet sie mit jemanden, so klatscht sie immer dreimal hintereinander schnell in die Hände, um ihre Aufregung auszudrücken. Sie spricht in einer Lautstärke, bei der selbst der am schlechtest hörende Sprengmeister der Welt seine Ohropax wieder reinpackt und in einer derart hohen Frequenz, die jeden Marder im Umkreis von 50 km verjagt.


Dann hätten wir noch das ewig betrunkene deutsche Partygirl, den kanadischen Vegetarier, den Spanier, der auch dann nicht aufhört zu reden, wenn du bereits den Raum verlassen hast und die schüchteren Holländerin - alles in allem also ein ziemlich guter Mix.

<- Ein kleiner Appetizer






Action and activities

Meine ursprüngliche Annahme, die ersten 2 Wochen hier nur entspannen, essen und richtig faul sein zu können erwies sich als absolut falsch. Am 2. Tag kam der unerwartete Umzug, am 4. Tag hatte ich bereits einen Job und der 6. Tag war mit unheimlichen Kopfschmerzen aufgrund des Vortages verbunden.
Ich arbeite zur Zeit in einem Bookstore, habe einen tollen Boss, werde gut bezahlt und bekomme ausserdem 50 % auf Bücher und Cds. :) Alle, die mich kennen, werden sich jetzt für mich freuen!
Die erste Houseparty habe ich mehr oder minder gut überstanden und zumindest weiß ich jetzt, dass der berühmt berüchtigte Goon wirklich enorme headaches verursacht.


Now bild your own opinion :)

Auch ein nächtlicher Trip zum berühmten St. Kilda Beach stand bereits auf meinem Programm. Ich war überaus erfreut darüber, dass ich meinen Vorgänger aus diesem Haus kennenlernen konnte, denn er ist ein waschechter Bayer und kommt noch öfter vorbei. So hatte ich am Samstag nach einer ganzen, elendig langen Woche wieder mal die Gelegenheit, Dialekt zu reden.


Kimi (Holland), John (Kanada), Robert (Bayern), Kai (Deutschland), Bier (Australien)












Der Höhepunkt des Wochenendes war jedoch ein Trip zu den 1000 Steps im Dandenong Park. Zu fünft bewältigten wir die 1000 Stufen durch den wunderschönen Nationalpark. Wenn ihr jetzt jedoch glaubt, die Natur wäre das beeindruckendste an diesem Ausflug gewesen, so irrt ihr euch. Vielmehr meine durchaus trendsichere Kombination aus original österreichischen Wanderschuhen der Marke "Stadler" und Leggins war sozusagen das Highlight. Sche schirch. Foto folgt.


Die Weisheit zum Schluss
Da sind auf der einen Seite natürlich viele Dinge, die ich bereits jetzt vermisse.
Ich vermisse meine Eltern und Geschwister, meine Freunde, die Partycrew (!) und natürlich Cookie. Ich vermisse Schwarzbrot, mein Bett und hohe Schuhe, vermisse österreichisches Bier und die Zigarettenpreise daheim.
Aber auf der anderen Seite passiert hier so viel cooles Zeug, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, in einem Jahr bereits wieder brav zu Hause zu sitzen und zu studieren.

Die ganze Zeit Englisch zu reden, obwohl man völlig nüchtern ist, eine völlig andere Tier- und Pflanzenwelt zu sehen, in einer Woche 10 neue Leute kennen zu lernen, das sind alles Dinge, die für mich im Moment überwältigend sind.
Das Positivste am Reisen ist wohl, dass du jeden Tag jemand anderes sein kannst.

Ich für meinen Teil war diese Woche bereits Französin, hieß Queenie und war Reporterin :D
Das sind natürlich nur jokes, die den Alltag versuessen und einen zum Schmunzeln bringen.
Worauf ich damit hinaus will, ist, dass man hier die Chance erhält, sich als Person völlig neu zu definieren.
Prioritäten werden ausserdem völlig anders gesetzt, der Schuhladen wird plötzlich unsichtbar, wenn man weiß, dass Nudeln, Waschmittel und Klopapier dem Ende zugehen und der betrunkene Mitbewohner, der um 4 Uhr zu singen beginnt, stört dich auf einmal nicht mehr. WG-Leben sei Dank - ich werde wohl als die entspannteste Person zurückkommen, die diese Welt je gesehen hat. :)

Hehe, also - enough from me - take care and see you soon.