September 23, 2010

siebziger/jahre/feminismus

Elfriede Hammerls Kolumnen, die sie für "profil" über die letzten 25 Jahre geschrieben hat, erschienen, wie vielleicht Einigen bekannt, dieses Jahr im Deuticke Verlag in Buchform. Die feministischen Kolumnen der Wiener Journalistin schienen mir manchesmal etwas extrem und stellenweise vielleicht auch etwas veraltet.
Feminismus ist doch heute schon fast kein Thema mehr, dachte ich.
Bis heute. Bis ich ins "Krone.at"-Forum geblickt habe.

"Landwirt erschießt Ex-Freundin" - diese Catchline hat meine Aufmerksamkeit geweckt.

Ein 51-jähriger Landwirt hat zuerst seine Ex-Freundin und danach sich selbst erschossen. Die beiden hinterlassen ein gemeinsames, 3-jähriges Kind.
Als Motiv für den Mord und Selbstmord wird Eifersucht angegeben.

Die Geschichte an sich ist schon tragisch genug. Man kann vermuten, dass der Landwirt mit der, wahrscheinlich von seitens der Frau ausgegangenen, Trennung nicht klar kam und vielleicht im Vorhinein schon psychische Instabilität oder Abnormalitäten seinerseits vorlagen.
Den Gescheiten im Krone-Forum fällt bei so einer Geschichte natürlich nichts besseres ein, als kräftig ihren Senf dazuzugeben. Wo schon die Leserbriefe in der Printausgabe der Auflagen stärksten Zeitung Österreichs extrem zu wünschen übrig lassen, ist der Müll, der online ausgepackt wird schlichtweg eine Farce und gleichzeitig doch so starke Reflexion der österreichischen Gesellschaft.
Mein absoluter Schockkommentar (um wieder auf die oben genannte Journalistin zurückzukommen) kam von einem männlichen User namens "pmaldini":

Mal abgesehen davon, dass zwei Menschen nicht mehr am Leben sind und ein Kleinkind zum Vollwaisen geworden ist, muss man also immer die Hintergründe wissen, um urteilen zu können.

Die Hintergründe, so wie zum Beispiel, dass heutzutage Frauen einfach so aus ungesunden Beziehungen ausbrechen, ohne Rücksicht auf (wessen?) Gefühle. Denn wenn eine Frau eine Beziehung beendet, kann man durchaus davon ausgehen, dass ihr Partner IMMER Rücksicht auf IHRE Gefühle genommen hat während der gemeinsamen Zeit, versteht sich ja von selbst. Der arme Hund.
Dass es auch andere Gründe gibt, außer "taugt ma nimma, i suach ma an anderen", um eine Beziehung zu beenden, ist völlig auszuschließen. Zumindest, wenn die Frau sich trennt.

Häusliche Gewalt? Da ist die Frau selber schuld. Da muss man ja auch immer die Hintergründe wissen, um urteilen zu können, nicht wahr? Was, wenn die Frau den Mann schief anschaut, wenn er betrunken um 8 Uhr heimkommt? Da soll sie halt nicht so bös schaun. Dummes Weib. Außerdem war das Mittagessen eh schon grauslig. Da g'hört halt einmal drauf g'haut.
Und wenn die Frau betrogen wird? Ja selber schuld, hät sie sich halt öfter budern lassen müssen. Ganz einfach. Oder lifting.
Und was ist, wenn ganz einfach das Gefühl nimmer stimmt? Naja, das hätt sich die Frau vorher überlegen sollen. Mitgehangen, mitgefangen. Man muss ja Rücksicht nehmen, auf die zarte Psyche des Mannes. Und auf seine eigene? Die is egal!
Die böse, verheiratete Frau also, die Flirts mit (!) Bindungen sucht. Aha.
Einfach so. Obwohl sich ihr Mann doch so viel Mühe gibt und der Frau alles bietet. Jaja...

Man muss also die Hintergründe kennen, um urteilen zu dürfen?
Urteilen worüber? Dass eigentlich ja die Ex-Freundin an der Tat Schuld ist? Das Weibsbild, das elendige. Lässt einfach den armen Landwirt sitzen. Ohne Rücksicht auf Gefühle. Klar, dass der durchdrehen muss.


Datum: 23. September 1910.
Moment...?